Brauerei Heckel: Urigkeit, Traditionsbewusstsein und ungeschriebene Gesetze in Waischenfeld

Brauerei Heckel in Waischenfeld von FrankenBierFreund

Servus liebe Frankenbier-Gemeinde,

auf kaum etwas habe ich mich bei meiner allerersten Wanderung durch die „Fränkische“ mehr gefreut als auf den Besuch in der Brauerei Heckel, geführt von den Brüdern Rainer und Martin Heckel. Die Gastwirtschaft liegt mitten an der Hauptstraße in Waischenfeld. Als wir sie an jenem warmen Frühlingsabend Anfang Mai als letzte Etappe nach den Brauereien Krug, Reichold und Schroll erreichen, stehen manche Gäste bereits mit einem Bierglas auf der anderen Straßenseite am Ufer des lokalen Flüsschens Wiesent.

Für Braumeister Rainer Heckel, den jüngeren, aber größeren der beiden Brüder, ist ein Mal im Monat Brautag. Der Braukessel steht im Erdgeschoss eines auf den ersten Blick normalen Wohnhauses ein paar hundert Meter weiter in Waischenfeld; befüllt wird er im ersten Stock. 15 Stunde lang lässt Rainer den Sud über offenem Holzfeuer köcheln, bevor er ihn ins Kühlschiff im Dachboden des Hauses pumpt.

Das Rezept stammt vom Vater, der wiederum hatte es vom Großvater – und an dem hält auch Rainer Heckel fest. Der Vater starb recht früh mit 48, als Rainer gerade mal 14 Jahre alt war. Bevor er den väterlichen Betrieb wieder zum Leben erwecken konnte, musste er daher erst noch eine Lehre zum Brauer und Mälzer bei Krug-Bräu in Breitenlesau machen.

Dessen Chef Konrad „Conny“ Krug hat ihm auch in der Folge beim Wiederaufbau der Brauerei Heckel sehr unter die Arme gegriffen – und ist bis heute so etwas wie eine zweite Vaterfigur für ihn. Schließlich arbeitet Rainer immer noch als Braumeister bei Conny – auch wir haben ihn einige Stunden zuvor bei unserem Besuch bei Krug-Bräu kurz gesehen.

Ausgeschenkt wird das helle, unfiltrierte Heckel-Bier neben dem örtlichen Campingplatz und dem ebenfalls lokalen Hotel Gasthof zur Post ausschließlich in der eigenen Stube der Brauerei Heckel in Waischenfeld. Vor allem die Geschichten über diese urige Gastwirtschaft – in Köln würden wir liebevoll Kaschämm sagen – sind Legion.

Vier Tische, ein Stammtisch, kein Stehplatz, ein Geruch – nicht unangenehm, aber doch eigen und den es vermutlich nur dort gibt –, zwei 60-Watt-Funzeln an der Decke, von denen normalerweise nur eine erleuchtet ist; der Bierpreis – aktuell wie im Vorjahr immer noch sensationelle 2,40 Euro für die Halbe – steht mit Kreide innen an der Tür.

Stammgäste können den Heckel-Sud zu bestimmten Zeiten in eigene Behältnisse abfüllen lassen; dazu befindet sich ein Klingel samt kleinem Fenster als Durchreiche links neben der Tür für Abholer außerhalb der Öffnungszeiten. Manche Waischenfelder marschieren freilich auch während des normalen Kneipenbetriebs in die Brauerei Heckel, um sich dort ihre Bierration abzuholen – so auch bei unserem Besuch geschehen.

Es gibt unzählige andere ungeschriebene Regeln in dieser Wirtschaft, wie mir meine Begleiter und andere später dazustoßende Tischnachbarn erläutern. Leergetrunkene Krüge beispielswese werden vom kleineren, aber älteren Martin Heckel nach einem zustimmenden Nicken wortlos vom Tisch geholt, wieder aufgefüllt und zurückgebracht, ungespült natürlich – warum auch, jeder erhält ja sein eigenes Glas wieder zurück. Einfachheit ist hier alles. Wer zu laut ist, zumindest in den Ohren der Wirte, kann von den beiden auch schon mal der Räumlichkeiten verwiesen werden.

Bei einsetzender Dämmerung starten die Heckel-Brüder schließlich eine nirgends verschriftlichte, aber gleichwohl äußerst streng einzuhaltende Prozedur: Nach dem Erleuchten der zweiten 60-Watt-Lampe – was gästeseitig aber keinesfalls mit einem zustimmenden „Ahhh“ zu begleiten ist – schließt einer der Heckels zunächst die drei Fenster. Geeignet platzierte und zuvor durch Beachtung aller Regeln ausgezeichnete Gäste erhalten dann per Kopfnicken das Plazet dazu, den Vorhang an ihrem Tisch zuzuziehen.

Die Brauerei Heckel vereint Urigkeit, Traditionsbewusstsein und ungeschriebene Gesetze – so einen Laden gibt’s eigentlich gar nicht mehr.

Veränderungen mag Rainer nicht, wie er in einem Kurzfilm über die Rettung der Brauerei Heckel im Bayerischen Rundfunk erzählt. Tischdecken oder anderen neumodischen Kram werde es bei ihm nicht geben, das wollten seine Gäste schlicht nicht. Rainer Heckel: „Es soll genauso bleiben, wie es immer war.“ So war es im Jahr 2017 im BR-Beitrag, und auch acht Jahren später hat sich wenig bis nichts verändert – Traditionsbewusstsein eben.

Essen beispielsweise gibt es in der Brauerei Heckel bis heute nicht – aber man kann sich seine eigene Brotzeit mitnehmen, was auch wir so gehandhabt haben. Irgendwann nach 22 Uhr ist Rainer weg, denn er muss frühmorgens wieder raus. So verbleibt es Bruder Martin, die letzten noch im Gastraum verbliebenen Gäste hinauszukomplementieren. Immerhin, er stimmt sogar noch einem Selfie zu – oh Zeichen, oh Wunder…

In diesem Sinne – wohl bekommt’s.
Alaaf & Jrooß us Kölle!

Mehr Informationen: Brauerei Heckel

2 Kommentare

  1. hat er
    14/05/2025 / 16:53

    Unseren Besuch hast du sehr schön und treffend beschrieben, wobei ich glaube, dass es hieß, es seien 40 oder 45 Watt-Birnen… 😅

    Andere brauchen Jahre und etliche Anläufe, bis sie es endlich mal nicht nur aufgrund der Öffnungszeiten am Wochenende zum Heckel schaffen – umso schöner, dass es bei unserer Tour für dich gleich zu Beginn geklappt hat!

    Die Messlatte hängt nun allerdings so hoch, dass ich mich schon frage: was soll jetzt noch kommen, außer vielleicht Witzgall? 😅😁

    Cheers!

    • 15/05/2025 / 04:43

      Danke für die Blumen – und mit die Wattzahl der Glühbirnen habe ich tatsächlich nur geschätzt. Ansonsten hast Du sehr recht – an Witzgall hatte ich ebenfalls schon gedacht.

      Bis dahin Prösdala 🍻

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